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1. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 5

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
3. Welche Anforderungen werden an einen tüchtigen Kaufmann gestellt? 5 Beruf mit sich führt, sind die Elemente, die der Strom gegen ihre Erwartung nicht trügt, die stecken bleiben und die nicht vorwärts kommen, die nach zwanzig und mehr Jahren über ihren verfehlten Beruf jammern. Das möge jeder, der sich dem Kaufmannsstande widmet, zuvor bedenken und, wenn es noch Zeit ist, umkehren. Vor allen Dingen muß der Kaufmannslehrling kräftig und gesund sein. Man hat ja vielfach die Meinung, daß der kaufmännische Beruf körperlich wenig anstrengend sei, und aus diesem Grunde werden ihm nicht selten schwächliche junge Leute zugeführt, die für den Beruf eines Handwerkers angeblich nicht kräftig genug sind. Das ist aber falsch; denn der junge Mann hat in den Verkaufs-, Kontor- und Lagerräumen nicht nur geistig sondern auch oft körperlich anstrengend zu arbeiten und ganz besondere Anstrengungen muß er auf Reisen ertragen können. Ist er nun von Haus aus nicht gesund und kräftig, so verschlimmert sich sein Zustand bald und so kommt es, daß man unter den Kaufleuten ausnehmend viel Lungen- und Magenkranke findet und daß sie den größten Teil der Militärdienst-Untauglichen bilden. Zu den Anlagen muß weiter ein gesunder geschäftlicher Sinn gerechnet werden. Nur wer eine natürliche Begabung für das Geschäft mitbringt, darf sich sagen, daß er zum Kaufmann berufen ist. So selbstverständlich diese Forderung auch erscheint, so treten doch Tausende von Männern in das Geschüftsleben ein ohne die geringste natürliche Begabung dafür zu besitzen. Sie hätten sich von ihrer Unfähigkeit überzeugen können ohne so viel Lehrgeld bezahlen zu müssen. Zum Geschüftsmaun muß man ge-' boren sein, wenigstens aber ein gewisses Geschäftstalent besitzen, sonst darf man sich nur wenig Hoffnung auf Erfolg machen; freilich gibt es manchmal außerordentliche Zufälle, wodurch ein Kaufmann trotz offenkundiger Unfähigkeit im Geschüftsleben es zu etwas bringt. Aber solche Zufälle sind sehr selten und geben keinem das Recht Kaufmann zu werden. Ferner gehört dazu Verstand und reiches Wissen und kaufmännische Bildung. Die glänzende Entwicklung, die der deutsche Handel in der letzten Zeit genommen hat, ist wesentlich dem Umstande zuzuschreiben, daß der deutsche Kaufmann fähig war dem Zuge der Zeit zu folgen und an Stelle der altherge- brachten, unzulänglichen Formen des Handels neue zu schaffen, sie klug zu verwerten und geschickt zu handhaben. Darum ist es Aufgabe des jungen Kaufmanns sich eine gründliche Kenntnis der gesamten Betriebsmittel des zeitgemäßen Handels zu ver- schaffeu, da sie zur erfolgreichen und vorteilhaften Führung auch des kleinsten Geschäftes nicht mehr entbehrt werden kann.

2. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 6

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
6 3. Welche Anforderungen werden an einen tüchtigen Kaufmann gestellt? Diese Aneignung setzt aber Lust und Liebe zum Berufe sowie Fleiß und eisernen Willen voraus. Daher darf sich der junge Kauf- mann nicht mit dem begnügen, was die Schule von ihm forderte. Es ist nicht genug, ein guter, ja der beste Schüler in der Volksschule, in der Realschule, in der kaufmännischen Fachschule gewesen zu sein, er muß noch viel mehr dazu lernen, wenn er einstmals eine Stellung einnehmen will, die ihn emporhebt, die ihn zu einer wirk- lichen Stütze des deutschen Handels, zu einem Förderer der Volks- wohlfahrt macht. Neben der reinen Fachbildung wird aber vom Kaufmann auch eine möglichst umfassende Allgemeinbildung ver- langt. In allen Wissenschaften soll er zu Hause sein, nicht daß er jede gründlich umfassen könnte, das ist nicht möglich, aber er soll ihre Grundlagen kennen, damit er sie würdigen kann. Dadurch wird er geistig frei und ist später imstande ein richtiges Urteil zu füllen, die Welt mit den Augen eines verständnisvollen Mannes an- sehen, zwischen Schein und Wirklichkeit zu unterscheiden, das Falsche zu meiden, das Richtige zu treffen. Dadurch wird der Umgang mit Menschen vorbereitet. Kommt doch der Kaufmann mit allen Ständen zusammen, hat er doch mit allen Klassen der Bevölkerung geschäftlich zu tun. Vor allem wird im gesellschaftlichen Leben der Kaufmann meistens nach seiner Allgemeinbildung und nach seinen Umgangsformen geschätzt im Gegensatz zu den Angehörigen vieler andrer Berufe, wie Offiziere, Ärzte, Richter, Künstler, Jngenieureusw., die allein schon wegen ihres Standes allgemeine Achtung genießen. Aber all dies Wissen und Können allein macht den Kaufmann nicht aus. Wenn über die Kreditfähigkeit eines Kaufmanns Er- kundigungen eingezogen werden, so ist es zwar schon wertvoll, wenn wir erfahren, daß der Betreffende über Kenntnisse und Fähig- keiten verfügt, wertvoller sind uns aber Angaben über seinen Cha- rakter und seinen Ruf. Der gute Ruf ist dabei ausschlaggebend. Die Grundpfeiler des guten Rufes sind zunächst Fleiß, Ordnungsliebe und Pünktlichkeit. Der Fleiß besteht nicht nur darin, daß der junge Kaufmann die Arbeiten, die ihm übertragen werden, zur Zufriedenheit aus- führt, er soll auch selbst aufpassen, was zu tun ist, er soll nicht erst zu einer Arbeit gerufen werden, sondern soll, soweit er kann, selbst unaufgefordert zugreifen und dabei lernen den Vorteil der Minute, den der schnellen Auffassung, der schnellen Arbeit erkennen. Im raschen Erfassen neuer Aufgaben, im steten Umschauen, wo es etwas zu tun gibt, im schnellen Zufassen, in der Erledigung seiner Arbeit mit klaren, frischen Augen, im freudigen Zugreifen, darin liegt das Geheimnis des Erfolgs der Lehrjahre. Fleiß, Aufmerk-

3. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 7

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
4. Das kaufmännische Unterrichtswesen. 7 samkeit, Lust zur Arbeit, das macht aus dem tüchtigeu Lehrling einen tüchtigen Gehilfen und Kaufmann. Ist dieser Fleiß, der durch Ordnungssinn und Ausdauer wesent- lich unterstützt wird, für den Kaufmann der Weg Geld zu verdienen, so gibt es nur einen andern, das Errungene festzuhalten: die Sparsamkeit. Wenn einer nicht eine angeborene Neigung zur Sparsamkeit besitzt, so bleibt er als Kaufmann stets im Nach- teile. Wie Kapital nur durch Sparen erzeugt werden kann, so ist die Sparsamkeit die wesentlichste Vorbedingung zum Erfolge. Zu Fleiß und Sparsamkeit muß sich noch die E h r l i ch k e i t gesellen. Die Versuchung zur Unehrlichkeit tritt an den Lehrling schon vom ersten Tage ab heran. Er bekommt gewöhnlich die Füh- rung der Portokasse und muß hier schon im kleinen seine Treue zeigen. Die Ladenkasse, die Wege zur Post, auf der er Wertbriefe besorgt, die Wege zur Bank, auf der er Geld abhebt, sie alle machen ihn, den oft armen Knirps, zum Verwahrer von Summen, die er früher sich kaum vorstellen konnte. Da ist leider schon mancher gestrauchelt. Für den Kaufmann gilt noch immer das alte Wort: „Ehrlich währt am längsten", dauernden Erfolg kann er nur er- langen, wenn Ehrlichkeit und Redlichkeit das Rückgrat seiner Hand- lungen bilden. Nach Dr. B. Penndorf. 4. Das kaufmännische Unterrichtswefen. Die beste Vorbereitung für den kaufmännischen Beruf ist und bleibt die richtige kaufmännische Lehre. Und doch ist Deutschland fast das einzige Land, das den Nachwuchs des Handels- standes in meist dreijähriger Lehrzeit planmäßig ausbildet; iu allen andern Ländern, die Schweiz ausgenommen, kennt man eine regelrechte praktische Unterweisung in einem auch nur annähernden Maße wie in Deutschland nicht. Freilich fehlt es auch bei uns nicht an Stimmen, die angesichts mancher Mißstände iin Lehrlingswesen für Aufhebung der praktischen Lehre sind. Eine vom Verbände Deutscher Handlungsgehilfen im Jahre 1909 nach Leipzig ein- berufene „Lehrkonferenz", an welcher die Vertreter verschiedener Bundesregierungen, vieler Handelskammern und zahlreicher kauf- männischen Verbände und Unterrichtsanstalten teilnahmen, zeitigte zwar in dieser Frage kein bestimmtes Ergebnis, die beteiligten Kreise waren aber doch übereinstimmend für Beibehaltung der bisherigen Art der Lehrlingsausbildung, allerdings mit wesentlichen Verbesse- rungen, wo sie Schäden aufweist. Die persönliche Anleitung durch den Lehrherrn, die Gewöhnung der jungen Leute an Gehorsam und treue Pflichterfüllung hat aber auch von jeher ein gut Stück

4. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 34

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
34 14. Der dreibeinige Stuhl. 14. Der dreibeinige Stuhl. Für jedes industrielle Unternehmen sind drei Teilhaber nötig. Der erste, zwar [nicf)t seiner Bedeutung wohl aber der Zeit nach, heißt Kapital. Ohne diesen Teilhaber kann nichts unternommen werden. Vom Kapital erhält jede Unternehmung ihren ersten Lebensodem. Wenn die Grundlagen aufgerichtet, das Unternehmen mit den nötigen Mitteln ausgestattet und alles für industrielle Tätigkeit fertig ist, beginnt der zweite Teilhaber seine Arbeit. Dieser Teilhaber heißt „geschäftliche Tüchtigkei t". Der Teil- nehmer Kapital tat das Seinige bereits. Er hat alle Mittel und Werkzeuge für die Gütererzeugung beschafft; allein solange Kapital nicht über Männer verfügt, welche das Geschäft zu leiten verstehen, ist all sein Aufwand umsonst. Und nun erscheint der dritte Teil- nehmer, zwar zuletzt, aber keineswegs der unwichtigste unter den dreien, die Arbeit. Sobald diese nicht ihre Pflicht tut, ist alle Mühe und aller Aufwand vergeblich. Kapital und geschäftliche Tüchtigkeit ohne Arbeit sind gleich totgeborenen Kindern. Das Triebwerk rührt sich nicht, wenn Arbeit es nicht bewegt. In unserer Zeit sind Kapital, Geschäftstüchtigkeit und Hand- arbeit die Beine eines dreibeinigen Stuhles. Solange die drei Beine gesund und fest stehen, steht auch der Stuhl fest. Sobald aber eines dieser drei Beine schwach und gebrechlich wird, zusammen- stürzt oder gar verschwindet, bricht auch der Stuhl zusammen. Und solange das fehlende Bein nicht wiederhergestellt ist, bleibt der Stuhl ebenfalls unbrauchbar. Aus diesem Grunde befindet sich auch der Kapitalist, welchem Kapital wichtiger dünkt als eines der andern Beine, ganz und gar im Irrtum. Die Unterstützung der beiden andern Beine, genannt Geschäftstüchtigkeit und Arbeit, bleibt für ihn unumgänglich. Ohne diese beiden, ja selbst ohne eines der beiden, füllt der Stuhl um. Geschäftliche Tüchtigkeit irrt, wenn sie glaubt, ihr Bein sei das wichtigste. Ohne die beiden andern, Kapital und Arbeit, ist das Bein Geschüftstüchtigkeit nutzlos. Zu guter Letzt wollen wir nicht vergessen, daß auch Arbeit irrt, und zwar sehr stark, wenn sie größere Wichtigkeit für sich be- ansprucht als jedes der beiden andern Beine. Eine solche Anschauung ist oft genug die Quelle betrübender Mißverständnisse gewesen. Alle drei sind voll- und gleichberechtigte Glieder desselben großen Ganzen. Vereinzelt schaffen sie wenig, vereint aber können sie Wunder wirken. Daher haben sie auch, trotzdem unglück- liche Differenzen zeitweise zwischen ihnen auftauchten, das neue Jahrhundert zum wohltätigsten für die Menschheit gemacht.

5. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 70

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
70 40. Das Testament. am meisten über seinen Geiz als über ein Unrecht, das er ihnen und zugleich auch seinem Stande tue. Dieser Tadel war laut und öffentlich; er aber, als ob er nichts bemerkte, ging seines Weges und blieb bei der angenommenen Weise bis an seinen Tod, der vor einigen Monaten erfolgt ist. Sobald sich die Nachricht von diesem Ereignisse verbreitete, fanden sich einige weitläufige Ver- wandte ein, die auf die Schätze des geizigen Vetters gerechnet hatten, ob sie gleich selbst nichts weniger als arm waren. Der Nachlaß an Hausgeräte ließ nicht viel erwarten; aber man wunderte sich nicht, daß sich ein so geiziger Mann von allem losgemacht hatte, was zur Bequemlichkeit gehörte; ja, die vermeintlichen Erben mochten sich freuen, daß er töricht genug gewesen war für sie zu darben. Alle waren jetzt auf seinen letzten Willen gespannt. „Wie hoch mag sich sein Nachlaß belaufen? Was mag er darüber ver- ordnet haben? Wer wird Universalerbe sein?" Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Publikum bis zur Eröffnung des Testamentes und der Saal des Stadthauses war mit Menschen angefüllt, welche die Neugierde herbeigezogen hatte. Auch ich war unter diesen und vielleicht war in der ganzen zahlreichen Versammlung kein einziger, mich mit eingeschlossen — denn man muß sein Unrecht nicht verhehlen — der nicht die übelste Meinung von dem Ver- storbenen mitbrachte. Wir wurden alle beschämt; aber, was das Beste war, die Verwandten ausgenommen, war niemand, der sich seiner Beschämung nicht recht herzlich gefreut hätte. Das Testament fing nach der gewöhnlichen Eingangsformel mit der Erklärung an, daß sich der Erblasser sein ganzes Leben hindurch bemüht habe nach seinen Kräften die Pflichten eines guten Christen und Bürgers zu erfüllen. — Bei diesen Worten ging ein dumpfes Murmeln durch die Versammlung. Viele lachten; einige husteten; andre ließen etwas von schändlicher Heuchelei fallen. Der Lesende mußte einige Augenblicke innehalten, bis sich das Getöse gelegt hatte. Dann hieß es weiter: er habe hierbei jahrelang den gewöhnlichen Weg verfolgt und so wie andre Almosen gegeben usw. Bald aber sei er zu der Einsicht gelangt, daß auf diese Weise bei dem besten Willen wenig Gutes geschafft, vielmehr in den meisten Fällen die Trägheit genährt und der Weg zur Besse- rung versperrt würde; da habe er den Entschluß gefaßt seine Habe, statt sie unnützerweise in einzelnen Handlungen der Wohltätigkeit zu vergeuden, zu einem allgemein nützlichen Zweck zu verwenden. Was die Stadt am meisten bedürfe, wisse jedermann; auch daß es an Mitteln fehle dem Bedürfnisse abzuhelfen und man sich also wohl noch ein Jahrhundert lang ahne Frucht und Nutzen be- klagen würde, wenn man nicht durch einen herzhaften Entschluß

6. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 72

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
72 42. Pünktlichkeit. wenn er ihnen auf der Straße begegnete, ihm aus dem Wege gehen mußten. Alexander der Große, um welchen die reichsten Glücksgüter sich vereinigten ihn stolz zu machen, wußte dennoch im Angesichte des Alters sich zu demütigen. Als ihn einst auf seiner Siegesbahn Frost und Schnee aufhielten, ließ er ein Feuer anzünden und setzte sich auf [einen königlichen Sessel um sich zu wärmen. Da erblickte er unter seinen Kriegern einen vom Alter niedergebeugten Mann, der vor Külte zitterte. Sogleich sprang er zu ihm hin, nahm den Greis bei der Hand und setzte ihn auf seinen eigenen Stuhl. „Es gibt keinen bösen Menschen," sagt der italienische Jugend- schriftsteller Parini, „wenn es nicht ein solcher ist, der gegen das Alter und das Unglück unehrerbietig ist." Eines Tages zürnte er einem Jünglinge, den man wegen eines schweren Vergehens bei ihm angeklagt hatte. Zufällig begegnete er dem jungen Mann auf der Straße, als derselbe gerade einen alten Mönch führte und um Hilfe gegen einige Buben rief, die diesen wegen seiner Ge- brechlichkeit verspotteten und verfolgten. Parini eilte auf den Jüngling zu, nahm ihn in seine Arme und sprach: „Vor einem Augenblicke noch hielt ich dich für verderbt, jetzt aber, da ich Zeuge deiner Achtung für das Alter bin, glaube ich wieder, daß du zu vielen Tugenden fähig sein wirst." Die Ehrfurcht vor dem Alter birgt tiefe sittliche Schönheit in sich; selbst diejenigen, welche sie unterlassen haben, sind gezwungen andern, von denen sie geübt wird, den vollsten Beifall zu spenden. Ein Greis aus Athen suchte bei den olympischen Spielen einen Platz, aber alle Reihen waren besetzt. Nachdem er bei seinen Lands- leuten von einem Orte zum andern geschoben und von vielen noch gar ausgelacht worden war, kam er an die Reihen, in denen die Spartaner saßen. Diese, ihren vaterländischen Sitten getreu, standen sogleich auf und ließen ihn zwischen sich Platz nehmen. Da brachen die Athener in ein lautes Beifallsgeschrei aus und der Greis sagte: „Die Athener wissen, was sich schickt, aber die Spartaner führen es aus." Nicht minder wie dem Alter sind wir auch den Vorfahren und ihren Einrichtungen Ehrfurcht und Schonung schuldig. Silvio Pelliko. 42. Pünktlichkeit. Nur durch eine richtige Würdigung des Wertes der Zeit wird man gewohnheitsmäßig pünktlich. Pünktlichkeit ist die Pflicht jedes anständigen Mannes und die Zwangspflicht des Geschäftsmannes. Durch uichts wird das Vertrauen rascher erweckt als durch die Aus-

7. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 76

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
76 45. Neid. Freilich besteht die Höflichkeit des Herzens nicht in den Künsten des Tanzmeisters. Ein gefälliger Knix, eine elegante Verbeugung, zusammen mit den landesüblichen leeren Worten der Ergebenheit, sind nicht die wichtigsten Bestandteile der guten Manieren. Wahre Höflichkeit läßt sich nicht durch äußere Dressur übertragen, sondern sie entspringt einem lauteren Charakter und echter Herzensbildung. Die setzt wohlwollende Rücksicht gegen den Nächsten, gepaart mit hohem Bewußtsein von dem Werte der eigenen Persönlichkeit, voraus. Ihr praktisches Gesetz ist ganz treffend vom Grafen von Chesterfield formuliert worden, indem er an seinen Sohn schreibt: „Handle so, wie du behandelt sein willst, das ist die sicherste Kunst zu gefallen, die ich kenne. Beobachte sorgfältig, was dir an andern gefällt, vielleicht werden die nämlichen Dinge an dir jenen gefallen." Auf dieser Grundlage der Gegenseitigkeit beruhen, wie alles menschliche Recht und alle Gesittung, auch die Formen der Höflich keit im Verkehr mit unseren Nächsten und diese Tugend wird uns daher ebensowohl durch unser eigenes Interesse wie durch die höheren Pflichten der Nächstenliebe empfohlen. Durch höfliche Rücksicht auf fremdes Wohlergehen und Glück wird sich ein Mann von Herz und Verstand unter jedem Himmelsstrich sehr bald Freunde gewinnen; wahre Höflichkeit ist eine Sprache, welche in der ganzen Welt gesprochen und in den Palästen der Fürsten wie in den Hütten der Armen, an den Lagerfeuern der Wilden wie in den Salons verstanden wird. P.b. 45. Neid. Hermanns Suppenteller ist bis oben gefüllt, während Fritz nur einen halben bekommt und obendrein bloß einen Kloß, während bei Hermann drei Stück wie Inseln aus dem tiefen Wasser hervor- ragen. Da kriecht bei Fritz der blaße Neid den Rücken herauf und ihm ist, als könnte er seinen Bruder gar nicht mehr leiden. Wenn er nun gar allmählich entdeckt, daß die Mutter eine besondere Schwäche für Hermann hat, vielleicht weil er ihre Sorge besonders nötig hat, dann richtet sich der Neid häuslich ein bei Fritz. Und nun hat er nicht nur weniger Leckerbissen als sein Bruder sondern auch noch ein Gift in seinem Innern, das ihm überhaupt alles Essen vergällt. Er beginnt schon ordentlich zu schielen, weil seine Augen immer nach dem Teller des Bruders gedreht sind. Nach- dem er nun gar neulich herausbekommen hat, daß Hermanns Stiefel auch aus feinerem Leder sind als die seinigen, da muß er nun mit einem Auge auf die Stiefel hinunter und mit dem andern auf den Suppenteller schielen, sein Ärger rutscht abwechselnd vom Teller

8. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 80

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
80 47. Von der kaufmännischen Ehre. erleiden muß, ist das Geringere; aber er verfällt auch der all- gemeinen Verachtung, er verliert Ehre und Ehrenrechte und muß wie ein Geächteter unter redlichen Leuten wandeln. Drum sei bei der Eidesleistung strengste Gewissenhaftigkeit heilige Pflicht. Nur das beschwöre ein jeder, was er gewiß und sicher weiß! Nur das gelobe er, was er ausführen kann und nach Recht und Sitte ausführen darf! Mag Reichtum und Vorteil auf dem Spiele stehen, die Wahrheit steht am höchsten. Dies edle Gut wahre dir, Jüngling, so gut du es vermagst! Wer immer gleich mit Versicherungen bei der Hand ist, wie „auf Ehre! auf Ehr' und Seligkeit!" der wird's bald dahin bringen, daß man nicht viel auf seine Glaubwürdigkeit hält; denn so hohe Besitztümer verpfändet man nicht leichthin; das hieße ein frevles Spiel damit treiben. Du hast es in deiner Hand, daß dein bloßes Ja und Nein vollwichtig geachtet wird wie edles Metall. So schnell, oft um nichtiger Dinge willen, ist ein Eideswort gesprochen und doch umfaßt es Zeit und. Ewigkeit. Heilig sei dir der Eid um der Wahrheit, um deines himmlischen und irdischen Wohles willen! Nägelsbach. 47. Von der Kaufmännischen Ehre. In einer großen Gemeinde, wo die Geschäfte verwickelt und ausgedehnt sind, wo das Interesse mächtig ist, muß für das Gesetz und für die Rechtschaffenheit ein höherer Gerichtshof sein. Diese erhabene Stelle vertritt das Gericht der Ehre. Seine Beschlüsse sind in keinem Buche aufgezeichnet, noch ist sein Verfahren durch Regeln und Formeln bestimmt. Sein Sitz ist in der Brust ehren- hafter Männer und seine Macht offenbart sich in den unendlich verschiedenen Handlungen, die keinen Zeugen haben, und in dem ausgedehnten Vertrauen des geschäftlichen Verkehrs. Ohne Ehre müßte der Handel bei jedem Schritte innehalten um Schreibzeug hervorzuholen; Argwohn und Mißtrauen würden wie eine schwere Rüstung den Gang jedes Unternehmens aufhalten und lähmen. „Man sollte stolz sein auf sein Geschlecht," sagt ein berühmter eng- lischer Schriftsteller, „wenn mal: sieht, welches Vertrauen auf einen Kaufmann von seinem entfernten Geschäftsfreund gesetzt wird, der ohne andre Sicherheit als dessen Ehre ihm den Reichtum einer ganzen Flottille anvertraut und sanft und ruhig schläft, weil er das feste Vertrauen hat, daß er sicher ist." Es ist wirklich ein erhebender Gedanke in der Verdorbenheit der Welt, ein Lichtblick in ihrer Finsternis, daß wir einen Menschen dem andern, obgleich beide durch Meer und Länder voneinander getrennt sind, un-

9. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 63

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
35. Freundschaft. 63 Ein Ende nahm das leichte Spiel, Es naht der Ernst des Lebens; Behalt' im Auge fest dein Ziel, Geh' keinen Schritt vergebens! Gerader Weg, gerades Wort, So will's dem Mann gebühren; Wer Ehre sich erwählt zum Hort, Den kann kein Schalk verführen. Nimm auf die Schultern Last und Müh' Mit frohem Gottvertrauen Und lerne, wirkend spät und früh, Den eignen Herd dir bauen! Halt' hoch das Haupt, was dir auch droht, Und werde nie zum Knechte; Brich mit dem Armen gern dein Brot Und wahre seine Rechte! Treib' nicht mit heil'gen Dingen Spott Und ehre fremden Glauben Und laß dir deinen Herrn und Gott Von keinem Zweifler rauben! Und nun, ein letzter Druck der Hand Und eine letzte Bitte: Halt' dich getreu im fremden Land Zu deines Volkes Sitte! I. Sturm. 35. Freundschaft. Ein Freund, der mir den Spiegel zeiget, Den kleinsten Flecken nicht verschweiget, Mich freundlich warnt, mich herzlich schilt, Wenn ich nicht meine Pflicht erfüllt: Der ist mein Freund, So wenig er's auch scheint. Doch wenn mich einer schmeichelnd preiset, Mich immer lobt, mir nichts verweiset, Zu Fehlern gar die Hände beut Und mir vergibt, eh' ich bereut: Der ist mein Feind, So freundlich er auch scheint. Geuert.

10. Lesebuch für kaufmännische Schulen - S. 183

1912 - München [u.a.] : Oldenbourg
92. Die Rainmüller Buben. 183 Herzen, die Müllerin rastlos den langen Tag und fast zu sehr beküm- mert um des Hauses äußere Wohlfahrt, die drei Söhne überquellend von Jugendmut, aber auch wild und widersetzlich gegen Herkommen und Ordnung, zügellos in allen Genüssen und Leidenschaften. Solange des Vaters Aug' und Rechte regierten, mußten sie ge- horsamen; denn wenn der seinen Kittel aufstülpte und rief: „Herr, stärke meinen Arm!" da brach aller Trotz und Ungestüm. An einem Festtagabend wankte der Müller wie ein Kranker nach Hause. „Mutter," stöhnte er, indem er sich schwer auf die Bank fallen ließ, „alles war umsonst, was wir getan haben für Leib und Seele unserer Kinder. Ich hab' sie heut wieder stundenlang beob- achtet im Wirtshause; meine Buben sind Säufer! Die Rainmühle, unser liebes Heim, wird daran verderben und sie werden elend sterben. Ich sehe es, ich weiß es!" Den Kopf legte er auf die Arme und hob ihn nicht wieder; ein Schlag hatte seinem Leben ein jähes Ziel gesetzt. Nun das zürnende Auge des Mahners nicht mehr leuchtete, ging's bald aus eiuer andern Tonart in der Rainmühle. Die bekam vor allem die Müllerin zu verspüren. Sie mußte büßen, was sie in unvernünftiger, blinder Liebe an ihren Söhnen gesündigt hatte. Wie oft hatte sie im geheimen die Anordnungen des Vaters zu um- gehen oder zu vereiteln gewußt! Wie viele Auswüchse hatte sie beschönigt, verschwiegen! Wie sehr hatte sie dem übermütigen und zügellosen Treiben ihrer Buben Vorschub geleistet! Und jetzt statt Liebe offener Hohn, statt Dank Kränkungen ohne Zahl! Frei waren jetzt die Rainmüller Söhne; das empfand auch bald die Gemeinde, die ganze Gegend. Kein Sonntag verging, ohne daß sie nicht sinnlos betrunken in blutige Händel und Schlägereien ver- wickelt wurden. Das Geld wurde für Bier und Wein und Spiel auch an Wochentagen geradezu zum Fenster hinausgeworfen. An edlen Seelen, die es aufzuheben verstanden, fehlte es nicht. Je toller die Burschen mit den ehrlichen Spargroschen ihrer Eltern um- sprangen, desto stiller und leerer ging die Mühle; die Arbeit blieb aus, dafür schauten Einschränkung und Entbehrung zum Fenster herein. Wohl hörten jetzt die „noblen Passionen" von selber auf, die un- sinnigen Gastereien, das Hazardieren, das wahnwitzige Wetten, das Rennenreiten; sogar das Jagen und Fischen mußten die lockeren Vögel lassen, da Acker um Acker, Wiesgrund und Waldteil verpfändet und verkauft waren. Nun wurde die Ahnung des Vaters mit er- schreckender Schnelle volle Wirklichkeit. Die Rainmüller Buben begannen, jedes sittlichen Haltes bar, „ihr Elend zu vertrinken". Der Alkohol, dieser grause Würgengel, der vor allem der Schnaps- flasche entsteigt, machte rasche Arbeit mit den entnervten Jünglingen.
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